In den letzten Jahren ist die Zahl der Heimtiere in deutschen Haushalten rasant gestiegen. Die kleinen putzigen Genossen eignen sich besser als Hund und Katze zur Haltung in kleinen Wohnungen. Auch in der Tierklinik bemerkt man diesen Trend. Längst bekommen wir Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchillas, Ratten, Hamster, Degus und Mäuse beinahe so häufig vorgestellt wie Katzen und Hunde.
Dieser Entwicklung tragen auch Forschung und Fortbildung Rechnung. Die Tierärzte müssen noch einmal auf die Schulbank, um alles über die Krankheiten der „neuen“ Patienten zu lernen. Und das Lernen hört nie auf. Täglich gibt es neue Erkenntnisse und neue Therapieansätze.
Kommt ein Tierbesitzer mit einem Kaninchen oder einem Nager in die Praxis, so lautet der Vorbericht häufig: Appetitlosigkeit, Futterverweigerung und Abmagerung. Hierfür können Zahnprobleme verantwortlich sein. Kaninchen, Meerschweinchen und Chinchillas haben im Gegensatz zu Hund und Katze lebenslang wachsende Zähne. Sie sind darauf angewiesen, ihre Zähne durch mahlende Bewegungen regelmäßig abzureiben. Passiert das nicht, entstehen Spitzen und Kanten an den Zähnen, die zu Verletzungen an Zunge und Mundschleimhaut führen. Diese Verletzungen haben in den meisten Fällen schmerzhafte, eitrige Entzündungen zur Folge. Häufig bilden sich im Unterkieferbereich bis zu walnussgroße Abszesse, die nicht selten mit dem Kieferknochen in Verbindung stehen. Ein Grund für mangelhaften Zahnabrieb können Zahnfehlstellungen, Fütterungsfehler oder Schmerzen im Kieferknochen sein.
Man bemerkt Zahnprobleme bei seinem Liebling daran, dass die Haare im Maulbereich und am Kinn nass gespeichelt sind oder dass ein verändertes Fressverhalten zu beobachten ist. Gewichtsabnahme ist ebenfalls ein Alarmzeichen. Der Tierarzt kann mit einer speziellen Lampe (Otoskop) in die Maulhöhle schauen und die Zähne beurteilen. Häufig ist es sinnvoll, eine Röntgenaufnahme zu machen, um eine Knochenaufweichung (am häufigsten bei Satin-Meerschweinchen und Chinchillas) auszuschließen. Wenn Zahnspitzen festgestellt werden, müssen die Zähne des kleinen Patienten unter Narkose korrigiert werden. Nach Bedarf werden zur Nachbehandlung ein Antibiotikum und ein Schmerzmittel eingesetzt.
Bei bereits bestehenden Abszessen muss die Prognose vorsichtig gestellt werden, da diese sich nach chirurgischer Entfernung häufig wieder bilden und die neueste Therapie der offenen Wundversorgung sehr aufwändig ist.
Der nächste Schritt ist die Vorsorge, damit die Zähne in Zukunft gleichmäßiger abgerieben und Probleme frühzeitig erkannt werden. Regelmäßig Kontrolle der Zähne durch den Tierarzt und konsequente Heufütterung bei gleichzeitiger Reduzierung des pelletierten Fertigfutters sind hierfür wichtige Maßnahmen.