Mein Kaninchen hat seit einigen Tagen ein tränendes Auge. Muss ich damit zum Tierarzt?
Vermehrter Tränenfluss ist beim Kaninchen wie auch bei Hund und Katze ein Zeichen für eine Reizung des Auges. Häufig liegt eine Bindehautentzündung, verursacht durch Bakterien oder Viren, zugrunde. Wegbereitende Faktoren für diese Bindehautentzündungen können mechanische Irritationen (durch Einstreu, Heu, Stroh), Infekte der oberen Atemwege, Augenlidanomalien oder Zahnerkrankungen sein. Die Patienten kneifen das betroffene Auge zu, man sieht klaren bis eitrigen Augenausfluss, das Auge wirkt kleiner und die Bindehäute sind gerötet.
Treten die Symptome einer Bindehautentzündung auf, muss der Tierarzt untersuchen, ob nicht eine Zahnerkrankung die Ursache ist. Dabei kommt es durch eine Zahnfachvereiterung entweder zur Bildung eines Abszesses in direkter Nachbarschaft zum Augapfel oder zur Verlegung und Entzündung des Tränennasenkanales. Dieser Kanal verbindet den inneren Augenwinkel mit der Nasenhöhle und gewährleistet den kontinuierlichen Abfluss der Tränenflüssigkeit aus dem Auge. Bei der sogenannten Dacryocystitis (Tränennasengangsentzündung) kommt es zur Bildung und Ansammlung von Eiter in dem Tränensäckchen, das im oberen Teil des Ganges liegt. Dieser Eiter erscheint dann bei Druck auf das Tränensäckchen im Auge. Das eitrige Sekret und die Tränenflüssigkeit können nicht in der natürlichen Richtung abfließen, sondern bilden eine Tränenspur vom inneren Augenwinkel über die Wange, wo sich klebrige Krusten bilden, die sehr schnell zu einer Entzündung der Haut führen. Bei der Tränennasengangsvereiterung genügt die Verabreichung von Augentropfen nicht. Der Tierarzt muss auf die Suche nach der Ursache gehen, eventuell die Zähne und Zahnwurzeln röntgen und die Zahnerkrankung behandeln. Außerdem muss der Tränennasengang gespült werden, um den Eiter zu entfernen und die Durchgängigkeit wiederherzustellen.
Vermehrter Tränenfluss kann allerdings auch ein Hinweis auf Schmerz an der Hornhaut sein. In erster Linie kommen Fremdkörper in Frage. Hornspänepartikel, die unter das obere oder untere Augenlid geraten, machen einen stark schmerzhaften Reiz der Hornhaut. Auch einspießende Fremdkörper, wie Dornen in der Hornhaut, sind schmerzhaft und müssen als Notfall behandelt werden. Solche Fremdkörper sollten unter Narkose entfernt werden, um das Auge nicht zu gefährden. Ebenfalls zu einer Hornhautläsion führt das Einrollen des Ober- oder Unterlides, wodurch Haare auf dem Auge liegen. Ob eine solche Lidanomalie vorliegt und ob es schon zur Verletzung der oberen Hornhautschichten gekommen ist, stellt der Tierarzt mit speziellen Augenuntersuchungsmethoden fest.
Fazit: Der Tierarzt kann nicht nur die Ursache für den vermehrten Tränenfluss finden, sondern auch durch die anschließende gezielte Behandlung dem Patienten Schmerzen nehmen und die Gefährdung des Auges minimieren.