Ich habe gelesen, die Tollwut gibt es nicht mehr in Deutschland. Muss denn überhaupt noch geimpft werden?
Da die Frage: „Impfen wir zuviel?“ die Gemüter seit einigen Jahren erhitzt, haben auch die Wissenschaftler reagiert. Namhafte Virologen aus ganz Europa haben ihre Untersuchungsergebnisse verglichen und daraus Impfempfehlungen für Hunde, Katzen und Frettchen erarbeitet, die in Deutschland von der „ständigen Impfkommission des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte“ aktualisiert und veröffentlich werden. Die Prinzipien der neuen Impfempfehlungen sind die Verhinderung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten, die Verbesserung des Durchimpfungsgrades in der deutschen Tierpopulation und die Ermittlung eines individuellen Impfprogrammes für das Einzeltier. Dabei wird unterschieden zwischen Core- und Non-Core-Impfungen. Core-Impfungen sind gegen die Krankheiten gerichtet, gegen die nach Möglichkeit jedes Tier zu jeder Zeit seines Lebens geschützt sein sollte.
Es wurde festgestellt, dass etwas 30 Prozent unserer Haustiere über einen Impfschutz verfügen; anzustreben wäre ein Durchimpfungsgrad von über 70%, um die Gesamtpopulation vor der Ausbreitung einer Epidemie zu schützen. Momentan stellt die Impfung nicht einen Populations-, sondern lediglich einen Individualschutz dar.
Die Impfintervalle sind für verschiedene Vakzinen unterschiedlich und sollten darüber hinaus auf die Lebenssituation des Tieres abgestimmt sein (Hauskatze oder Freigänger? Jagdhund oder „Sofa-Kuschel-Hund“? Begleiter auf Auslandsreisen oder Zuchthündin?).
Viele Impfkomponenten können nach der neuen Impfempfehlung in einem Abstand von 3 Jahren verabreicht werden. Dies setzt allerdings eine komplette Grundimmunisierung mit vier Impfungen (8./12. und 16. Lebenswoche, 15. Lebensmonat) voraus.
Sowohl beim Hund als auch bei der Katze gibt es Impfungen, die weiterhin mindestens einmal im Jahr geimpft werden müssen, damit ein Schutz gewährleistet ist.
Besonders wichtig ist natürlich die Berücksichtigung der Anthropozoonosen, d.h. der Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. Dies sind in erster Linie die Leptospirose (Stuttgarter Hundeseuche oder Weilsche Krankheit) und die Tollwut.
Die terrestrische Tollwut (meist vom Fuchs übertragen) ist tatsächlich lange nicht festgestellt worden in Deutschland. Die Fledermaustollwut dagegen ist in Norddeutschland auch in den letzten Jahren regelmäßig diagnostiziert worden. Da sich inzwischen traurig erwiesen hat, dass Menschen durch die Fledermaustollwut sterben, kann unsere Empfehlung nur sein, einen Riegel zwischen infizierte Fledermäuse und Tierbesitzer zu schieben, indem wir die Hunde und Katzen mit Freigang zuverlässig impfen (Grundimmunisierung s.o., danach alle drei Jahre).
Wissenswertes zu weiteren Krankheiten, gegen die wir unsere Patienten und ihre Besitzer durch Impfungen schützen können, sowie Informationen zur aktuellen Seuchenlage lesen Sie in der Fortsetzung in 3 Wochen an dieser Stelle.